66. Berlinale: (K)ein bekannter Bärengewinner?

Berlinale 2016. Plakat am Potsdamer Platz. Copyright: Susanne Gietl

Die Straßen dieser Stadt sind leer. Das große Blitzlichtgewitter ist vorbei. Selten spielen große Stars in bärenrelevanten Wettbewerbsfilmen mit. Diesmal könnte das anders sein.

Eine Frau in großer Freiheit

Die Franzosen überzeugen mit Isabelle Huppert in Mia Hansen-Løves „L`avenir“. Sie verkörpert eine Lehrerin in der Bretagne, die sich in plötzlicher Freiheit wiederfindet. Die Mutter verstirbt, der Ehemann verlässt sie und sie verliert ihren Job. Zwischen philosophischen Diskussionen, einem jungen Ex-Studenten und einer Welt voller Ideen. Mia Hansen-Løve inszeniert eben nicht den freien Fall.

 

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Männer auf der Suche nach sich selbst

Auch André Téchinés „Quand on a 17 ans“ über zwei Männer, die sich lieber bekriegen, als ihr Schwulsein zuzugeben. Sandrine Kiberlain spielt die Mutter von einem der beiden Männer. Der Hauptdarsteller Kacey Mottet Klein wird als Berlinale-Shooting Star gefeiert. Der Film wurde durch die sensible Inszenizerung gelobt, aber von anderen Kritikern auch als eine ins Nichts führende Geschichte. Trotz Bergpanorama.

Auch bei Dénis Côtés „Boris sans Béatrice“, dem kanadischen Beitrag, scheiden sich die Geister. Während andere die Seelenwelten des Hauptdarstellers neugierig erkunden, passiert in meinem Kopf nichts. Ein Mann, der gleich mit mehreren Geliebten schläft, bekommt eines Nachts den Tipp eines Fremden, sein Leben zu ändern. Schließlich sei er allein schuld an dem Seelenzustand seiner Frau. Kilian Kleinbauer hat eine Erklärung geschrieben, warum dieser Film sehenswert ist.

 

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Aufgesetztes Berlindrama und glaubhaftes deutsches Drama

Über Vincent Perez „Alone in Berlin“ gibt es nicht viel zu berichten. Emma Thompson und Daniel Brühl spielen in einem Nazi-Deutschland mit, indem alle englisch sprechen. Daniel Brühl spielt einen Polizisten mit angeklebtem Schnauzer, der einem Arbeiterehepaar (Emma Thompson, Brendan Gleeson) hinterherspioniert, das gegen Hitler angeht. Eine Verfilmung, die wenig glaubhaft ist und wohl nicht im Sinne von Hans Fallada gewesen wäre.

Umso schöner ist es, dass der einzige deutsche Beitrag, Anne Zohra Berracheds  „24 Wochen“ glänzt. Eben, weil er nicht in Hochglanz produziert wurde, sondern wahr sein könnte. Die junge Mutter Astrid, grandios gespielt von Julia Jentsch, erwartet ihr zweites Kind. Als die erfolgreiche Mutter nicht nur erfährt, dass ihr Baby mit einem Downsyndrom zur Welt kommen würde, sondern auch noch einen Herzfehler haben wird, gilt es eine Entscheidung zu treffen. Abtreiben oder das Kind behalten?

Berrached setzt auf die Kraft der Wirklichkeit.Die Ärzte beim Gespräch mit dem jungen Paar (Bjarne Mädel spielt Astrids Freund) sind wirklich Ärzte, die Dialoge spontan. Die Schritte zur wirklichen Entscheidung spiegeln das wahre Leben wider.

Ein Bär für die Lampedusa-Doku?

Ein anderer Favorit ist Gianfranco Rosis Lampedusa-Doku „Fuocoammare (Fire at Sea)“. Im Zentrum des Dokumentarfilms stehen vier Inselbewohner: Ein Fischer, eine Hausfrau, ein Schuljunge und ein Radio-DJ. Rosi kommentiert nicht, er beobachtet und nähert sich auf angenehme Weise einem brandaktuellen Thema.

Hollywoodstars und tableauartige Bilder

Weniger in der Bärenzone stehen Tomasz WasilewskisZjednoczone stany miłości (United States of Love)“ und Jeff Nichols „Midnight Special“. Zwar ist der Junge, der in „Midnight Special“, der über übersinnliche Kräfte verfügt, schauspielerisch sehr gut, aber eine Geschichte, über einen Vater, der für seinen Jungen alles tut, wird für den Bären nicht genug sein. Wenigstens war Kirsten Dunst zur Premiere da. Das war schön. Und ihr schwarzes Glitzerkleid auch.

Wasilewski hingegen, setzt nicht auf große Hollywoodstars wie Kirsten Dunst, Michael Shann0n und Adam Driver, sondern blasse Farben, tableauartige Einstellungen und ein extrem reduziertes Erzähltempo. Leider wird von den Geschichten, bis auf ein paar Bilder verzweifelter einsamer Frauen und ihren brutalen Männern nicht viel übrig bleiben.

Wenn sich die Energie von der Leinwand überträgt…

Von einem der schlechtesten, zu einem der besten Wettbewerbsbeiträge: „Genius“, dem Debütfilm von Michael Grandage. Der Verleger Max Perkins (Colin Firth) nimmt den talentierten, aber unfokussierten Schriftsteller  Thomas Wolfe (Jude Law) unter Vertrag. Ein Kampf um jedes Wort beginnt… Auch wenn man Firth in der Rolle eines Familienmenschen schon sehr gut kennt, gemeinsam mit Jude Law überträgt sich eine Intensität, wie sie nur wenige Filme ausstrahlen.

 

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