Selbsterfahrung 2014

Miss Revolutionary Idol Berserker: Noise And Darkness. Copyright: Cyclone A

Dunkle Menschen und dunkle Gedanken, Algenattacken und sich durch die Organe bewegende Körper. Selbsterfahrung stand beim „Tanz im August“-Festival auf dem Tagesplan. Ein Rückblick.

Schwarze Macht im Boxring

Tanz ist mehr als Ballett und manchmal beginnt der Tanz dort, wo man sich selbst begegnet. Marcelo Evelin zum Beispiel setzte in „Suddenly Everywhere is Black with People“ Elias Cannettis „Masse und Macht“ in Tanz um. Er schwärzte fünf Menschen mit Kohlefarbe und sperrte sie im Halbdunklen gemeinsam mit den Zuschauern in einen Boxring. Der klopfende Rhythmus wirkte bedrohlich und die fremde in sich geschlossene, speckige Menschenmasse wurde zur eigenen Herausforderung. Ekel und Neugierde vermischten sich. Assoziationen mit einem Darkroom im Berghain begrüßte Evelin, wie er mir im Interview verriet.

„Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass ein Dark Room der demokratischste Raum ist, weil du machen kannst, was du möchtest. Ich freue mich, dass man sich in gewisser Weise darauf beziehen kann, weil ich glaube, dass wir alle eine sehr starke sexuelle Aufladung haben.“

Tokio in Berlin?

Wer Toco Nikaidos „Noise and Darkness“ besuchte, der fand viel Verwirrung vor. Nikaidos Alter-Ego „Miss Revolutionary Idol Berserker“ packte die gesamte otaku-Fankultur mitsamt Tofu, Algen, Glitter und unzähligen Kostümwechseln, wirren Visuals und Niedlichskeitsfaktor in eine Performance. Sie machte ihre Show zum „Einwegartikel“ und reagierte auf die tägliche Reizüberflutung wie Toco Nikaido im Interview verriet. Plötzlich war man nicht mehr in Deutschland, sondern in Japan. Sie bedankte sich am letzten Tag des Festivals mit einer knallbunten Guerilla-Performance vor der Volksbühne.

Höre auf deine Organe!

Die Teilnahme an Physical Introductions war eine ruhigere Methode, um sich selbst kennenzulernen. Ich besuchte die Einführung zu Jefta van Dinthers „Plateau Effekt“ und war ganz überrascht, dass es nach einiger Übung doch funktioniert, den eigenen Organen zu folgen. Auch die Popsängerin Robyn führte van Dinther in die Kunst der Eigenbewegung ein.

Röyksopp & Robyn „Monument“ (Music Video) from jefta van dinther on Vimeo.

Im Theater zog van Dinther das Publikum durch den Bass in seine Performance:

„Die Lautstärke und der Effekt des Sounds in Bezug zur Bewegung des Körpers ist etwas, dem man nicht widerstehen kann. Ich wünsche mir, dass das Publikum eine kinästhetische Erfahrung macht und ein Gefühl für den eigenen Körper bekommt. Der Klang bettet den Körper des Zuschauers in die Performance mit ein. Die Vibrationen gehen durch die Körper.“

Einzigartige Momente vermischten sich 2014 mit klassischem Tanz und die Neugierde steigt, was dieses Jahr auf der Bühne und mit dem Zuschauer passieren wird.