FIND 2016: Abendmahl als Sittenstudie

FIND 2016: Abendmahl als Sittenstudie. FIND 2016 an der Schaubühne. Copyright: Kulturschoxx/SusanneGietl

„Ich weiß genau, wo ich politisch stehe, aber auf der Bühne mache ich keine Politik.“ Durch Belanglosigkeiten zeichnet Regisseur Ahmed El Attar in „The Last Supper“ ein bitteres Bild der arabischen Gesellschaft.

Ein Selfie der arabischen Gesellschaft

Nach dem arabischen Frühling befindet sich Ägypten im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Umbruch. El Attar blickt ins Private und entlarvt die Gedankenlosigkeit seiner Figuren.

An einer großen Festtafel aus Plexiglas treffen elf verschiedene Charaktere aufeinander. Nur drei von ihnen sind Frauen: Das Kindermädchen, die moderne Ehefrau mit engem Minikleid, Nagellack und Smartphone (Mayoush) und die verschleierte Schwiegertochter und Mutter, die ihre Freiheit wohl auf Instagram auszuleben scheint (Fifi). Unter den Herren befinden sich ein schwerreicher Patriarch, ein General und der Geschäftsmann Mido. Als sie gerade über die Lage in Ägypten diskutieren, unterbricht sie Fifi: „Mido, warum folgst du mir nicht auf Instagram?“ Er schlägt ein gemeinsames Selfie vor. Ohne die Ehefrau des Gastgebers.

Vorurteile und Erklärungsmodelle

Die Familie drängt sich dicht aneinander. Mido, Mayoushs Ehemann, macht das Foto. Während sie für`s perfekte Selfie posieren, wechselt die Beleuchtung auf rot. Einer der Bediensten serviert einen Tierkopf. Die anderen bewegen sich nicht. Das Licht wechselt und das Abendmahl setzt sich fort. Sie plaudern über die besten Shoppingstädte, die perfekten Bediensteten und ihre Vorurteile. In Amerika seien doch die Schwarzen die Kriminellen. „Und Obama?“ fragt einer der Männer den anderen. Er sei eine der Ausnahmen.

Please accept YouTube cookies to play this video. By accepting you will be accessing content from YouTube, a service provided by an external third party.

YouTube privacy policy

If you accept this notice, your choice will be saved and the page will refresh.

Entlarvung der eigenen Gedankenlosigkeit

An Erklärungsmodellen mangelt es den Männern nicht. Sie biegen sich ihre Welt zurecht, wie sie ihnen passt. Der Künstler erzählt von der Vergewaltigung seines Kindermädchens. Die scheinen es so zu wollen, bemerkt einer der anderen Männer. Da zeigt es sich wieder, das verknöcherte Denken bezüglich Schicht und Religion. Als wäre der arabische Frühling nie dagewesen.

 

Weitere Informationen

Das FIND – Festival Internationale Neue Dramatik findet noch bis 17. April in der Schaubühne am Lehniner Platz statt. Alle Artikel über das FIND-Festival findest du hier.