House of Dance: Stolperschritte

House of Dance. Foto: Gianmarco Bresadola
House of Dance. Foto: Gianmarco Bresadola. (Genija Rykova, Henri Maximilian Jakobs, Holger Bülow, Hêvîn Tekin v.l.)

Das Festival Internationale Neue Dramatik ist vorbei, aber das Eröffnungsstück „House of Dance“ bleibt vorerst in der Schaubühne.

Neues sucht man vergeblich in dem verstaubten, zehn Jahre altem Stück über ein Tanzstudio in der amerikanischen Provinz, das zu einem Ort der Träume fungiert. Im Mittelpunkt der Erzählung steht die naive Toni (Hêvîn Tekin), die in der „Teen Dance Road Show“ vortanzen möchte. Vor dem großen Tag sitzen weder die Schritte, noch das Kostüm. Das hält sie aber nicht davon ab, gemeinsam mit ihrem Tanzlehrer Martle (Holger Bülow), der kurzerhand sein Glamourkostüm auspackt, von dem großen Auftritt als Stepptänzerin zu träumen. Wir werden weder ein funkelndes Broadway-Stück, noch spannendes Tanztheater sehen.

Unglaubwürdige Geschichte

Keine Frage, Holger Bülow und auch seine Mitstreiterin, Genija Rykova (im Stück Gigi) haben den einen oder anderen ganz nett anzusehenden Tanzschritt parat, doch auch Gigis Geschichte ist so unglaubwürdig wie die von Toni. Gigi ist erst persona non grata und dann Teil des Teams, das mit Toni von einer besseren Welt schwärmt. Die eingeschobene, durchaus unterhaltsame Schlägerei in Zeitlupe hilft nicht über die stolpernde Handlung hinweg. Inhaltlich kann das Stück nicht überzeugen. Viel von der Handlung spielt sich in den Köpfen der Protagonistinnen und Protagonisten ab.

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Tiefe sucht man vergeblich

Im Original des Stückes ist die Hauptperson übrigens transgender, verrät Satter in einer früheren Stückeinführung. Schade, denn vielleicht wäre das eine Chance gewesen, um der deutschen Inszenierung Tiefe zu verleihen. Die Dialoge berühren nicht, das Stück müffelt wie das Tanzstudio gewaltig. Für „House of Dance“ ließ sich Satter von dem YouTube-Video einer Stepptanz-Lehrerin nicht nur inspirieren, sie übernahm den Text wortwörtlich, wie sie Schaubühnen-Blogger Joseph Pearson verrät. Den größten Teil des Stückes habe sie sich aber ausgedacht und von YouTube abgeschrieben.

Zugegeben, die gelegentlichen Gesangs- und Stepptanzeinlagen sind ganz nett. Die Szene, in der das Tanzlehrer.innenteam eine Puppe tanzen lässt, leider lächerlich. Das Tanzstudio von „House of Dance“ ist zeitlos, überdauerte seit Entstehen des Stückes Donald Trumps Präsidentschaft und auch die Pandemie. Doch wer darauf verzichtet, in das aus der Zeit gefallene Studio etwas hineinzuprojizieren, wird das Theater enttäuscht verlassen.

Weitere Informationen

„House of Dance“ feierte am 19. April 2023 seine Premiere. Es ist seitdem Teil des Repertoires. Tina Satter war 2022 mit ihrem Whistleblowerstück „Is this a room: Reality Winner Verbatim Transcription“ zu Gast. 2023 lief mit „Reality“ eine adaptierte Version des Stückes auf der Berlinale.

Autorin: Tina Satter
Regie: Tina Satter
Bühne: Parker Lutz
Kostüme: Enver Chakartash
Musik und Sounddesign: Chris Giarmo
Dramaturgie: Bettina Ehrlich
Licht: Erich Schneider

Mit: Holger Bülow, Henri Maximilian Jakobs, Genija Rykova, Hêvîn Tekin