Vom Himmel unter Berlin

Karte von "Himmel unter Berlin". Auf der Rückseite findet sich der Plan fürs Ausstellungslabyrinth. Copyright: Susanne Gietl/Kulturschoxx
Karte von "Himmel unter Berlin". Auf der Rückseite findet sich der Plan fürs Ausstellungslabyrinth. Copyright: Susanne Gietl/Kulturschoxx

Es ist wirklich schwer, kunstinteressiertes Publikum in Berlin zum Staunen zu bringen. Irgendwie hat man doch oft das Gefühl, alles schon gesehen zu haben. Auch die Idee, unter Tage Kunst zu zeigen, ist nicht neu. Durch sorgfältig ausgewählte Werke und eine spannende Location gibt es ihn bei „Himmel unter Berlin“ doch: Den WOW-Effekt . Die Entstehungsgeschichte der Veranstaltungsreihe erklärt, warum das Format so gut funktioniert.

Als „Himmel unter Berlin“ noch illegal war

2001 entstanden zunächst illegale Ausstellungen und Veranstaltungen mit dem Namen „Himmel unter Berlin“. Orte waren alte Luftschutzbunker und Keller in Berlin. Im gleichen Jahr räumte die Polizei bei einer Razzia den geheimen Ort. Für Insider: Es war der Mittwochsclub in der Kohlenquelle im Prenzlauer Berg. Aus dem „Kollektiv Kohlenquelle“ formierte sich ein Team rund um Kuratorin Clara Sauer und Ausstellungsmacher und Künstler Sven Sauer, welches 2017 das Lost Art Festival in der Willner Brauerei veranstaltete.

Drei Jahre lang plante das Team eine neue Ausstellungsreihe im Untergrund Berlins. 2022 war es endlich soweit. „Der Himmel unter Berlin“ war als Event für einen ausgewählten Kreis zurück. Nur per Einladung konnte man einen geheimen Ort besuchen. Erst 24 Stunden zuvor erfuhr man, wohin es geht. Nachdem letztes Jahr ein ehemaliges Weinlager in Friedrichshain mit Kunst und Sound bespielt wurde, befindet man sich dieses Mal zwischen Dampfmaschinen, Pumpen und Zahnrädern. Der geheime Ort ist über hundert Jahre alt. Wer keine Einladung hat, der kann sich über die Webseite auf die Warteliste setzen lassen.

Wie „Alice im Wunderland“

Damit die Dunkelheit sie verschluckt, sollen die Besuchenden alle in schwarz kommen . Jede/r bekommt vor einen Ort einen eigenen Schlüssel und wartet zunächst in einer roten Bar, um dann endlich das geheime Labyrinth durch eine Schranktür zu betreten. Ein bisschen „Alice im Wunderland“-Feeling kommt auf. Der Tunnel, den man betreten wird, hat die Größe eine Fußballfeldes. Und das ist auch gut so, denn diese Kunst braucht Platz.

Please accept YouTube cookies to play this video. By accepting you will be accessing content from YouTube, a service provided by an external third party.

YouTube privacy policy

If you accept this notice, your choice will be saved and the page will refresh.

Im Kunstparcours

Bei den zwölf Kunstwerken – und Installationen handelt es sich fast ausschließlich um Erstausstellungen. Keines der Werke wurde in der ersten Ausgabe von „Himmel unter Berlin“ gezeigt. Zischende Datenblitze (Lumus Instruments), bizarre Skulpturen aus Kunststoff-Industrieabfällen (Ralf Schmerberg) und zahlreiche Plastiktüten, die knisternd gemeinsam atmen (Nils Völker) sowie aufleuchtende und erloschene Moskitolampen, die das exponentielle Artensterben visualisieren (Sven Sauer) sind nur wenige der spannenden Werke.

Sehr süß sind 60 Robotermäuse, die gemeinsam Schwarmintelligenz vorführen (So Kanno). Sie hören sich an wie Knallfrösche, die man an Silvester auf den Boden wirft. Beeindruckend hingegen ist Boris Ackets Licht – und Soundinstallation, die eigentlich aus zwei Einzelwerken besteht. Sie zeigt das Bewusste und das Unbewusste. Und das kommt erst viel später zum Vorschein, wenn man sich eigentlich schon fast aus dem Kunstraum verabschiedet hat.

Unbehagen in der Dunkelheit

Im Labyrinth verweilt jede/r so lange wie sie/er möchte, kann jederzeit den Parcours abbrechen, um einen Drink an der Bar zu nehmen und dann von Neuem zu starten. Das ist auch gut so. Denn es ist ungewohnt, so lange unter Tage zu bleiben. Deshalb ist es schön, dass die Ausstellungsmacher:innen an einigen Stellen Schaukeln aufgehängt haben. Und so macht nicht nur die Kunst glücklich.

Weitere Informationen

„Himmel unter Berlin“ Vol.1 fand 2022 zum ersten Mal statt, am 18. Mai 2023 wurde die zweiten Ausgabe eröffnet. „Himmel unter Berlin“ läuft bis 11. Juni 2023. Einige Künstler:innen waren auch 2022 dabei: Klanginstallateur Boris Acket, das Kollektiv kling klang klong, Bildhauer Matthias Rodach, Installationskünstler Stefan Reiss sowie Sven Sauer.