Siegt britischer Zynismus oder Aki Kaurismäkis erster politischer Film bei der Verleihung des goldenen Bären?
Utopie einer friedlichen Welt
In der Pressekonferenz zu Kaurismäkis „Die andere Seite der Hoffnung“ jedenfalls war der finnische Regisseur der große Gewinner. Als Kaurismäki gefragt wurde, was er denn über die Islamisierung Europas denke, verkehrte er das Wort zu „Islandisierung“: Nur weil die Isländer ganz gut in Fußball seien, könne man längst nicht von einer Islandisierung sprechen. Hauptdarsteller Sakari Kuosmanen stimmte übrigens in derselben Pressekonferenz einen finnischen Tango an. Eine erfrischende Vorstellung, die Kaurismäkis Wettbewerbsbeitrag die Krone aufsetzte. Wäre die Welt nicht schöner, wenn wir friedlich miteinander leben würden, anstatt ständig aufeinander einzuschlagen?
Das ist auch die Botschaft seines gewohnt lakonischen Films. Kaurismäki erzählt von zwei Männern – von Khaled, einem syrischen Flüchtling, der nur zufällig in Helskinki gestrandet ist und von Wikström – einem Handelsvertreter für Männerhemden und Krawatten. Kaurismäki gibt Musik und Bildern den Vorrang: In der Anfangssequenz taucht Khaled unvermittelt aus einem schwarzen Kohleberg auf, als er Asyl beantragen möchte, tippt der akribisch arbeitende Beamte in stoischer Ruhe erst eine, dann die nächste Zahl in eine Schreibmaschine ein, die ihm sein Kollege zuvor diktiert. Eine Gruppe von Kämpfern für ein freies Finnland wird Khaled bedrohen, doch der Syrer setzt unbeirrt seinen Weg fort. Es treibt ihn hin zu Wikström, der mit seinem kleinen Restaurant iim gefühlten Nirgendwo eine Insel voller Hoffnung zu schaffen scheint. Kaurismäki bewegt sich zwischen Poesie, Realismus und Roadmovie, denn ähnlich wie in der Pressekonferenz singen die Finnen in „Die andere Seite der Hoffnung“ oft und gerne.
Schonungsloser Sarkasmus
Mit großem Sarkismus feiert Sally Potter in „The Party“ die Gesellschaft. Vertreten sind Zyniker, Esoteriker, Hetero-und Lesben-Pärchen, der Karrieremann, die Zickenfreundin und eine Schwangere. Insgesamt sechs Menschen werden in der schwarzweißen Gesellschaftssatire einander attackieren. Potters „The Party“ ist ein schnelles und gefälliges Vergnügen, das jeden Kritiker verstummen lässt. Weil keiner verschont bleiben wird.
Wer wird den goldenen Bären nach Hause tragen? Heute Nacht werden wirs erfahren.