Während in Deutschland ein paar Menschen ein Jahr lang 1000 Euro zur freien Verfügung bekommen, spielt ein Pädagogenpaar im „Gesellschafts-Spiel“ das Bedingungslose Grundeinkommen in Gedanken durch. Funktioniert das wirklich?
Aber mal ehrlich: Wenn alle Geld bekommen, wer zahlt dann die Miete? Alina Herr darüber, wie man schnell zur Expertin für Bedingungsloses Grundeinkommen wird und warum das Grundeinkommen nicht faul, sondern kreativ macht.
Liebe Alina, geniale Idee das Brettspiel zum Bedingungslosen Grundeinkommen anzubieten. Es ist das Spieledebüt von dir und Alex Komar. Wie seid ihr darauf gekommen?
Alina Herr: Die Idee kam bei einem alltäglichen Gespräch während eines Spaziergangs mit Alex. Wir haben uns über Brettspiele unterhalten, weil wir uns zu dem Zeitpunkt einige schöne Gesellschaftsspiele für uns und unsere Freunde zulegen wollten. Da sind wir auch auf Monopoly gekommen und haben uns gedacht: Das klassische „Monopoly-Denken“ ist doch sehr auf Habgier ausgelegt, warum gibt es da keine Alternative mit einer sozialen Komponente? Und weil wir uns beide schon seit längerem für das bedingungslose Grundeinkommen interessierten, dachten wir uns, dass es das passende Konzept für solch ein Spiel wäre.
Du und Alex, ihr beschäftigt euch mit den Themen Coaching und Persönlichkeitsentwicklung. Was hat „Das Gesellschafts-Spiel“ damit zu tun?
Alina: Das Gesellschafts-Spiel soll Ideen liefern und dazu anregen, über soziale Themen zu diskutieren. Wenn die Menschen unser Spiel spielen, erzählen sie dabei viel von sich selbst und im Nachhinein arbeiten die vielen Ideen, die während des Spielens entstehen, in ihnen weiter. Damit wirkt unser Spiel automatisch auch auf die Persönlichkeit des Einzelnen und die Menschen überlegen sich, was sie heute schon tun könnten, abseits oder zusätzlich zu ihrem bisherigen Tun, auch ohne ein bedingungsloses Grundeinkommen. Aber es kann auch ganz einfach nur ein Spiel sein, bei dem man viel Spaß hat, ganz ohne Hintergedanken.
Das Gesellschafts-Spiel zum Bedingungslosen Grundeinkommen dreht das Monopoly-Prinzip um. Wie funktioniert das?
Alina: Genau, in unserem Spiel geht es nicht darum, dass ein Spieler oder eine Spielerin besonders viel Geld anhäuft und die anderen um ihren Gewinn bringt, sondern dass die Spieler sich gegenseitig unterstützen und so gemeinsam zum Spielziel beitragen. Wir spielen nicht mit Geld, sondern die Spieler können Aktionskarten ausspielen, die lebenspraktische Situationen beschreiben und die den Spielern auch ermöglichen, ihre eigene Persönlichkeit und ihr Leben im Spiel einzubringen.
Das Spiel beruht auf einem Miteinander. Ist das nicht langweilig, wenn alle gewinnen?
Alina: Es gibt ja durchaus Ziele zu erreichen, von denen eines auch ist, dass jeder Spieler versucht, so viele Karten wie möglich auszuspielen. Das allerdings funktioniert besser, wenn man sich gegenseitig unterstützt. Für Menschen, die gerne die anderen als Verlierer sehen, ist das Spiel vielleicht wirklich nicht so gut geeignet. Aber die Gespräche, die dabei entstehen und die Erkenntnisse, die jeder gewinnt, machen das Spiel sehr einzigartig und gar nicht langweilig – vor allem, wenn man es immer wieder mit anderen Menschen spielt.
Wie lebensnah ist das Spiel?
Alina: Sehr lebensnah, insbesondere man sich die Inhalte der Karten anschaut und auch was die Ausbalancierung der unterschiedlichen Lebensbereiche angeht. Allerdings haben wir beispielsweise auf Geld und Konsum komplett verzichtet, weil es das Spiel sonst zu kompliziert machen würde. Wir wollten ein relativ einfach spielbares, aber trotzdem lebensnahes Spiel, das die eigene Kreativität fördert.
Warum?
Alina: Wir glauben, dass wenn durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen die Existenz eines jeden Einzelnen gesichert ist, die Menschen kreativ werden können – und damit meine ich nicht unbedingt die künstlerische Kreativität. Jeder Mensch wird zum Gestalter seines eigenen Lebens. Das ist eine wunderbar fruchtbare Kreativität, die den Menschen ermöglicht, ihre Potentiale voll auszuschöpfen.
Es gibt vier Bereiche: Soziales, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, aber keine Politik. Heißt das, jeder ist gleichberechtigt? Funktioniert das?
Alina: Ja, jeder Spieler ist gleichberechtigt. Das liegt aber nicht daran, dass die Politik fehlt, die sorgt ja im echten Leben auch für eine gewisse Gleichberechtigung. Jeder Spieler hat die gleichen Chancen im Spiel. Das sollte doch im Optimalfall im echten Leben auch so sein, oder?
Die vier verschiedenen Bereiche zeigen, wie vielfältig unsere Gesellschaft ist und durch die Karten werden Beispiele gezeigt, wie man sich in diesen verschiedenen Bereichen engagieren kann.
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Wenn jeder ein bedingungsloses Grundeinkommen bekommt, arbeitet doch keiner mehr, oder?
Alina: Würdest du denn noch arbeiten, wenn du ein bedingungsloses Grundeinkommen bekommen würdest? Die meisten Menschen lieben ihre Arbeit – oder hätten mit Grundeinkommen die Möglichkeit, sich für eine Arbeit zu entscheiden, die sie lieben, auch wenn sie vielleicht nicht so viel Geld bringt.
Und woher kommt das Geld für das Bedingungslose Grundeinkommen?
Alina: In unserem Spiel ist es von Beginn an erst einmal da. Und wenn die Spieler sich ausreichend engagieren – worauf die meisten auch Lust haben – bleibt es auch das ganze Spiel über da.
In der Realität gibt es verschiedene Finanzierungsmodelle, die man recherchieren kann, beispielsweise über verschiedene Steuersysteme. Letztlich zahlen wir uns das Bedingungslose Grundeinkommen gegenseitig aus, denn die Bürger sind ja der Staat.
Welche Erfahrungen hast du gemacht, als du dich mit dem Thema näher beschäftigt hast?
Alina: Menschen fällt es grundsätzlich schwer zu verstehen,Geld und Arbeit zu entkoppeln und dass das dann auch funktionieren kann. Viele können mit dem Thema erstmal gar nichts anfangen, nach längeren Diskussionen und nachdem man ihnen einige gute Argumente vorlegt, kommen aber die meisten ins Grübeln.
Über was?
Alina: Im Gespräch mit Unterstützern der Idee des Bedingungslosen Grundeinkommen und auch, wenn ich mich in meiner direkten persönlichen Umgebung umschaue, fällt mir immer stärker auf, dass es bereits heute so viel unbezahlte Arbeit gibt, beispielsweise das Ehrenamt in Vereinen und die sogenannte Care-Arbeit, also Pflege von Angehörigen, Erziehung von Kindern, usw., aber auch Künstler und Selbstständige in den ersten Jahren. Außerdem gibt es heutzutage immer weniger Menschen, die ihr Leben lang bei einem Arbeitgeber bleiben. Es gibt häufiger Wechsel und dazwischen Phasen der Erwerbslosigkeit. Die wiederum sind leider gefüllt von Verpflichtungen für die Agentur für Arbeit oder ähnliches, so dass kaum Zeit bleibt, zwischen zwei Jobs mal auszuspannen oder auch einfach voller Engagement auf die Suche nach neuer Erwerbsarbeit zu gehen oder etwas ganz Anderes in Angriff zu nehmen. Für diese Entwicklungen in unserer Gesellschaft brauchen wir gute Lösungen – das Bedingungslose Grundeinkommen ist eine davon.
Für Menschen, die gerne die anderen als Verlierer sehen, ist das Spiel vielleicht wirklich nicht so gut geeignet. (Alina Herr über „Das Gesellschafts-Spiel)
Wer hat dich am meisten inspiriert als du für das Spiel recherchiert hast?
Alina: Da fallen mir spontan die wichtigsten Vertreter der Grundeinkommensidee ein: Götz Werner (Anm. d. Red.: Der Gründer von dm), Daniel Häni, Philip Kovce, Michael Bohmeyer und Ralph Boes. Sehr begeistert haben mich auch alle Menschen, die im Januar beim Kampagnenlabor in Basel dabei waren und die sich voller Energie für die Abstimmungskampagne in der Schweiz einsetzen. Dort habe ich viel positives Feedback zu unserem Spiel bekommen und die Leute dort waren alle so begeistert von der Idee des Grundeinkommens, sie glauben daran, dass wenn viele Menschen davon erfahren, dass es dann auch irgendwann Realität werden muss.
Alina: Was würde passieren, wenn du das Bedingungslose Grundeinkommen gewinnen würdest?
Alina: Ich würde erstmal vor Freude in die Luft springen und diese Freude mit meiner Familie und meinen Freunden teilen! Mit dem Geld, das ich hier für ein Jahr bekommen würde, könnte ich meine Selbstständigkeit, nämlich weitere Bildungsspiele zu entwickeln, diese in Seminaren vorzustellen und mit Menschen ins Gespräch darüber zu kommen, Wirklichkeit werden lassen. Ich würde auch einen Teil des Geldes wieder dem Verein Mein Grundeinkommen zukommen lassen, denn ich denke, diese Menschen machen eine großartige Arbeit, die wir alle unterstützen sollten.
Was hast du über Spieleentwicklung gelernt?
Alina: Jede Menge. Das Gesellschafts-Spiel ist unser erstes Spiel, das wir entwickelt haben. Insofern mussten wir alles von Beginn auf neu lernen, was unheimlich viel Spaß gemacht hat. Ein besonders wichtiger Faktor für uns war die Balance. Zum einen, eine Balance zwischen den Spielern zu schaffen, damit jeder die gleichen Chancen hat, zum anderen auch eine Balance zu schaffen zwischen Regeln und Entscheidungsfreiheit der Spieler und die Balance zwischen den verschiedenen Bereichen, die es in unserem Spiel gibt.
Wie kann man euch unterstützen?
Alina: Man kann uns heute noch bis 23.59 auf Startnext unterstützen, indem man eines unserer Spiele vorbestellt: www.startnext.com/das-gesellschafts-spiel
Und man kann uns jederzeit unterstützen, indem man uns auf Facebook folgt und von unserem Projekt erzählt. Wir möchten mit den Menschen ins Gespräch kommen, Spielrunden veranstalten, in Seminaren und Workshops über das BGE erzählen, bzw. es die Menschen selbst spielerisch erleben lassen und so die Verbreitung dieser Idee, gemeinsam mit allen Unterstützern, Bürgerinitiativen und Vereinen vorantreiben.
Wann und wo kann man euer Spiel kaufen?
Alina: Jetzt sofort auf Startnext 😉
Ansonsten erst wieder, wenn das Spiel produziert ist, also voraussichtlich ab dem Sommer. Wann genau und wo das dann möglich sein wird, werden wir rechtzeitig auf Facebook bekannt geben. Und wer nicht bei Facebook ist oder zusätzlich noch mehr wissen will und mit uns in Kontakt kommen will, schreibt uns gerne einfach eine Mail an kontakt@das-gesellschafts-spiel.de, wir nehmen ihn dann auch gerne in unseren Newsletter auf.
Und so funktioniert das Spiel:
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An dieser Stelle möchte ich mich bei Julia Schmidt von Funkelfaden bedanken, die mir Karin Janner von Spieltz vorstellte. Dort wird das Spiel dann auch produziert.