Rückblick April 2023: Widersprüche

Copyright: Susanne Gietl/Kulturschoxx, Piffl Medien, WHEELS e.V., Odeon Fiction/Sky Studios / NIK KONIETZKY
Copyright: Susanne Gietl/Kulturschoxx, Piffl Medien, WHEELS e.V., Odeon Fiction/Sky Studios / NIK KONIETZKY

Schaut mehr fern! War der Aufruf von Wooster Group-Ikone Elizabeth LeCompte auf dem FIND in der Schaubühne. Kein Theater, aber TV? Der April war voller Widersprüche und Emotionen.

Der April begann für mich mit einem Interview mit Samuel Meffire, der erst Polizist war und später ins Rotlichtmilieu abrutschte. Das Buch „Ich. Ein Sachse“ verwurstete Disney+ gleich zur Serie: „Sam – ein Sachse“. Was ich aus dem Gespräch mitgenommen habe? Wir sollten uns zu unserer Wut bekennen.

Mit der Liebe verhält es sich ähnlich. Nur wer die Liebe (zu)lässt, wird sich verlieben. In „Tender Hearts“ verliebt sich Computerspielentwicklerin Mila in einen Liebesroboter, in Christian Petzolds „roter Himmel“ sperrt sich ein Schriftsteller mit Schreibblockade nach seinem Debüt gegen die Liebe. Aber ist es nicht gerade die Liebe, die uns beflügelt? Petzold macht daraus einen somnambulen Sommerfilm. Ich bin immer noch ganz beseelt von unserem Interview.

Schockierende Wahrheiten über Deepfakes zeigte die Ausstellung „Marionette“ in Videos. Sei es, dass Reden verfälscht wurden, Gesichter ausgetauscht oder auch Stimmen verfälscht. Aber auch Deepfakes haben eine Kehrseite, denn zum Beispiel verlor Schauspieler Val Kilmer durch Kehlkopfkrebs seine Stimme, durch digitale Stimmrekonstruktion bekam er sie wieder. Als der Schauspieler Paul Walker während der Dreharbeiten des siebten „Fast & Furious“ verstarb, wurde der Film vollendet, indem seine Figur nachwendig mittels Computeranimationen nachgebildet wurde. Ein virtuelles Denkmal sozusagen.

Als Theaterscoutin moderierte ich das Publikumsgespräch für „Bye Bye Moon“. Darin verarbeitet Lisa Pauline Wagner eigene Erfahrungen in der Mun-Sekte. Die Sekte selbst definierte nicht als solche, aber half Lisa Pauline Wagner in die Schauspielschule. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Sie wollte sich ganz normal bewerben, stellte sich aber nach 17 Bewerbungen ihrer Sektenvergangenheit und bewarb sich als letzten Ausweg damit. Traurig, dass es soweit kommen musste, aber auch gut, denn das Stück „Bye Bye Moon“ resultierte daraus.

Zum Abschluss meines Kulturritts besuchte ich das FIND – Festival Internationale Neue Dramatik in der Schaubühne. In dem tarantinohaften Splatterstück „Burnt Toast“ gab es auch einige Theatertricks zu sehen, wohingegen mich Kuro Taninos „Fortress of Smiles“ sehr berührte. Im Interview mit Regisseurin Parnia Shams lernte ich, dass ihr Stück „Is“ die Zensur schon in sich trägt.

Es war viel los im April. Mal sehen was, der Mai bringt,
Bis bald,
Susanne